Zuverlässige Selbstregulation und eine verbesserte Konzentrationsfähigkeit – jungen ADHS-Patienten kann mit Neurofeedback meist wirksam und ohne Nebenwirkungen geholfen werden. Um diese Aussage treffen zu können, sammelten Wissenschaftler in den letzten Jahren umfangreiches Datenmaterial. Die Auswertung zeigt: Bei vielen Kindern hat Neurofeedback sehr positive Wirkungen und kann zu einer langfristigen Verbesserung der ADHS-Symptomatik führen. Die Studien zeigen aber auch, dass die Neurofeedback-Therapie keine Wunder zu vollbringen vermag.
Gestaltung wissenschaftlicher Studien zum Neurofeedback
Seit den 70er Jahren werden Biofeedback und Neurofeedback als dessen spezielle Form wissenschaftlich erforscht. Die Anwendung zur Behandlung von AD(H)S bei Kindern steht seit mehr als 15 Jahren im Fokus der Wissenschaftler. Ganz einfach ist der Nachweis der Wirksamkeit mithilfe von Studien aber nicht. Einen unumstößlichen Beweis könnte am besten eine Doppelblindstudie erbringen. Dabei wissen weder Behandler noch Patient, ob die „echte“ Neurofeedback-Methode angewendet wird oder eine Ersatztherapie zum Einsatz kommt. Beim Neurofeedback weiß aber immer zumindest der Behandler, welche Methoden zum Einsatz kommen. Bewertet wird das Verhalten der Kinder meist von den Eltern und Lehrern. Sie sollten nicht wissen, in welcher Studiengruppe ihr Kind eingeordnet ist.
Kleine Studie führt ersten Nachweis bei ADHS
Im Jahre 2006 veröffentlichten Dr. Strehl und Kollegen von der Uni Tübingen die Ergebnisse einer ersten Studie mit 23 Kindern. Alle 23 Probanden waren nachweislich ADHS-Patienten und erhielten über längere Zeit hinweg regelmäßig Neurofeedback-Training. Über die Veränderungen in den EEGs zu Anfang und Ende der Studienzeit war nachweisbar, dass die Kinder beim Neurofeedback die Selbstregulation der Hirnaktivität erlernen können.
Außerdem ließ sich beobachten, dass sich das Verhalten der Kinder beruhigte, die Aufmerksamkeitspanne verlängerte und ein Intelligenztest bessere Ergebnisse erbrachte. Die Veränderungen waren auch nach zwei Jahren noch nachweisbar und deuten auf eine nachhaltige Wirkung des Trainings hin. Die einseitige Studie lieferte einen ersten, guten Hinweis auf die Leistungsfähigkeit des Neurofeedback-Verfahrens bei ADHS-Patienten.
Randomisierte, kontrollierte klinische Studie führt Nachweis
Prof. Dr. Gevensleben und seine Kollegen Moll und Heinrich veröffentlichten 2009 die Ergebnisse ihrer randomisierten, kontrollierten klinischen Studie. Sie arbeiteten mit zwei Gruppen, wobei eine davon per Neurofeedback behandelt wurde, während die andere ein computergestütztes Konzentrationstraining erhielt. Die Gruppe der Teilnehmer bestand aus 91 Kindern im Alter zwischen 8 und 12 Jahren mit einer bestehenden ADHS-Diagnose. Die Kinder selbst als auch ihre Eltern wurden erst nach dem Abschluss der Studie über die Gruppenzuordnung informiert. Festgehalten wurden sowohl medizinische Daten wie die Amplituden der Hirnpotentiale als auch die Bewertung der Eltern und Lehrer. Ausgewertet wurden Daten von Studienbeginn, Trainingsende und Studienende zum Zeitpunkt von sechs Monaten nach dem Ende des Neurofeedback-Trainings.
Interessante Ergebnisse – große individuelle Unterschiede
Ein grundlegendes Ergebnis der Studie war der Nachweis, dass es bei den meisten Kindern zu Verbesserungen der ADHS-Symptomatik gekommen ist. Sowohl die Neurofeedback-Methode als auch das computergestützte Aufmerksamkeitstraining sorgten für nachweisbare Verbesserungen bei der Konzentrationsfähigkeit und im Verhalten der Kinder. Der Zielwert einer Verhaltensverbesserung um mehr als 25 Prozent konnte bei der Neurofeedback-Gruppe von der Hälfte der Kinder erreicht werden. In der Kontrollgruppe war es weniger als ein Drittel der Teilnehmer. Dennoch führt die Studie damit den Nachweis, dass jede Art von Aufmerksamkeits-Training für die Kinder eine wertvolle Hilfe sein kann. Leider war bei einem Drittel aller teilnehmenden Kinder die Nachhaltigkeit der Methode nicht prüfbar, weil sie im Zeitraum von sechs Monaten nach Trainingsabschluss mit der Einnahme von ADHS-Medikamenten beginnen mussten, welche die Ergebnisse verfälscht hätten.
Neurofeedback gezielt nutzen und bewusst einsetzen
Spannend ist, dass viele Eltern nicht wussten, auf welche Weise ihr Kind behandelt wurde und dass diese Frage auch keinen Einfluss zu nehmen scheint. Zugleich ergaben die Daten, dass einzelne Kinder stark von der Methode profitierten, während andere kaum eine Verbesserung erreichten. Die medizinischen Daten der Hirnpotentiale zeigten eine ebenso deutliche Veränderung wie das Verhalten der Kinder. Interessanterweise korrelierten diese Daten, sprich die Ärzte waren in der Lage anhand der veränderten Amplitude der Hirnaktivität vorherzusagen, ob ein Kind Verhaltensveränderungen und eine verbesserte Konzentrationsfähigkeit zeigt, oder nicht.
Ob Neurofeedback zum Erfolg wird, hängt den Studien zufolge von zahlreichen Faktoren ab. Die individuelle Einstellung des kleinen Patienten, die positive Unterstützung durch die Eltern, ein geübter Behandler und die wirkungsvolle Übertragung der Methoden in den Alltag scheinen besonders bedeutend zu sein.