„Spielend und nachhaltig AD(H)S heilen – das leistet die Therapie mit Neurofeedback.“ Dieses Versprechen werde gemacht und sei falsch, sagen die Kritiker. Unstrittig ist das Potential, welches im Neurofeedback bei ADHS und anderen Erkrankungen steckt. Doch haben die Kritiker recht, dass mehr versprochen wird als die Therapieform halten kann? Dieser Artikel beleuchtet die potentiellen Schwachpunkte und die Kritik an der Methode.
Wissenschaftliche Methode: Wirkungsvolles Training
Beim Neurofeedback-Training erlernen die kleinen und großen Patienten jeden Alters, ihr Gehirn bewusst in den „Aufnahmemodus“ oder in Entspannung zu versetze. Basis der Methode bildet ein EEG-Aufnahmegerät in Verbindung mit der Patienten-Einheit. Der Therapeut überwacht mithilfe des EEGs die langsamen kortikalen Potentiale und steuert dann die Trainingsaufgaben. Der Patient muss ein Flugobjekt auf dem Bildschirm vor ihm nur über die Kraft seiner Gedanken nach oben oder unten steuern. Das gelingt über bewusste Konzentration oder Entspannung. Über durchschnittlich 20 bis 40 Sitzungen hinweg, erlernt der Patient so, sich auf den Punkt zu konzentrieren und diese Methode auch auf den Alltag zu übertragen. Soweit die Theorie – doch gelingt das auch in der Praxis?
Erfolgreiche Behandlung: Studien an Kindern und Erwachsenen
Die Neurofeedback-Therapie kommt vor allem bei ADHS bei Kindern aber auch bei psychischen Erkrankungen, Epilepsie und Migräne zum Einsatz. Gerade der Einsatz bei kleinen ADHS-Patienten ist gut untersucht und wurde in Studien näher beleuchtet. Je nach Studienlage profitieren etwa die Hälfte bis zu 80 Prozent der Kinder von der Behandlung. Große Unterschiede bestehen in der Intensität der Wirkung, sprich in welchem Maße sich die Aufmerksamkeitsspanne und Konzentrationsfähigkeit der kleinen Patienten im Alltag verbessert. Auch können nicht alle Kinder nach der Behandlung auf eine medikamentöse Therapie verzichten.
Vorteile und Nachteile der Neurofeedback-Methode
Die Vorteile sind umfangreich: Das Verfahren ist für Patienten ab dem Vorschulalter anwendbar, absolut schmerzfrei, arbeitet rein positiv, wirkt nachhaltig und hat keinerlei Nebenwirkungen. Die Liste der Nachteile ist deutlich kürzer:
- Kleine Kinder können das Training nicht durchführen.
- Patienten, Eltern und Lehrer müssen sich kooperativ verhalten, damit die Methode richtig greifen kann.
- Die Qualität der Behandlung hängt stark vom Therapeuten ab.
- Die Kostenübernahme ist bei gesetzlichen Kassen unter Umständen schwierig.
Die Behandlung – auch der Einsatz von Medikamenten – beginnt üblicherweise nicht vor der Schulzeit, weshalb der Einsatz des Neurofeedbacks ab dem Vorschulalter meist völlig ausreichend ist.
Neurofeedback steht und fällt mit der Qualität der Behandlung
Sehr wichtig ist in der Tat die Frage, in welchem Umfang sich Patient, Eltern und Lehrer auf die Methode einlassen und welche Erwartungen sie mitbringen. Die Methode arbeitet positiv und ist gerade für Kinder sehr motivierend – dennoch kann es passieren, dass Kinder nicht mitarbeiten möchten. Das kann am Charakter liegen, an der fehlenden Unterstützung durch die Eltern oder aber am Therapeuten. Eine gemeinsame Wellenlänge und konstruktive Zusammenarbeit wirken sich positiv auf den Behandlungserfolg aus.
Die Qualität des Therapeuten scheint eine entscheidende Rolle zu spielen, lässt sich aber in Studien nicht überprüfen. Deshalb ist einer der Kritikpunkte am Neurofeedback auch die zum Teil schwierige Wahl des richtigen Therapeuten. Hierbei helfen der Kinderarzt, Kinderpsychologe und die Therapeutenlisten der zertifizierten Ausbildungsinstitute.
Kritikpunkt „bessere Alternative“: Medikamente oder Neurofeedback?
Einer der wichtigsten Kritikpunkte ist aber die zum Teil ungeschickte Darstellung, dass das Neurofeedback-Training eine medikamentöse Therapie unnötig mache. Zugleich werden die Medikamente oft sehr negativ dargestellt. Hier heißt es offen sein: Neurofeedback kann keine Wunder vollbringen. Ein guter Therapeut kann mit einem erfolgreichen Training aber oft eine Reduzierung der Medikamentendosis erreichen oder deren Anwendung gar unnötig machen. Vor allem auf lange Sicht – über die Pubertät hinaus – kann die erlernte Selbstregulation für ADHS-Patienten nur von Nutzen sein. Dank der klinischen Nachweise zur Wirksamkeit verändert sich der Status von Neurofeedback zunehmend von einer „Alternativtherapie“ zu einer geschätzten Komponente der multimodalen ADHS-Therapie in der Schulmedizin.