Ablenkungen ignorieren, sich auf das Wesentliche fokussieren und sich auf eine Aufgabe konzentrieren – dies fällt nicht nur vielen Kindern, sondern auch Jugendlichen und Erwachsenen schwer. Studien haben gezeigt, dass Intelligenz und Erfolg – sei es in Schule oder Beruf – vor allem von der Fähigkeit abhängen, sich auf den Punkt konzentrieren zu können. Menschen mit einer AD(H)S-Erkrankung fällt das besonders schwer. Ihr Gehirn verarbeitet Reize anders, was sich unter anderem in der schlechten Konzentrationsfähigkeit äußert. Im Rahmen des Neurofeedbacks können AD(H)S-Patienten jedes Alters lernen, sich zu fokussieren und die Kontrolle über ihr Gehirn zu übernehmen. Die gezielte Selbstregulation ist das Ziel des Neurofeedbacks. Erreicht wird sie über die Methode der positiven Rückkopplung, weil diese den besten Lerneffekt hat.
Die kortikalen Potentiale – das Geheimnis der Konzentration
Seit vielen Jahrzehnten beschäftigen sich Wissenschaftler auf der ganzen Welt mit der Hirnforschung. Ihnen ist zu verdanken, dass wir heute in etwa wissen, was im Gehirn passiert, wenn sich ein Mensch auf etwas freut oder sich auf eine Aufgabe vorbereitet: Die langsamen kortikalen Potentiale – die Slow Cortical Potentials (SCPs) – verschieben sich in den negativen Bereich. Dazu muss man wissen, dass jede Gehirnaktivität zu elektrischen Signalen im Gehirn führt bzw. über diese ausgelöst wird. Aktive Areale sind deshalb wahre Gewitterzellen hirnelektrischer Signale, welche sich über Elektroden am Kopf auffangen und messen lassen. Es gibt schnelle und langsame Signalketten, wobei die langsamen kortikalen Potentiale auf die Konzentration und die Entspannung den größten Einfluss haben.
Immer im Gleichgewicht – auch bei AD(H)S?
Kommt es bei Aufregung oder Konzentration zu einer „Negativierung“ des Potentials, so ist zu erwarten, dass Entspannung zu einer Positivierung führt. Und genau das passiert auch im gesunden Gehirn. Die beiden Zustände stehen miteinander im Gleichgewicht und das Potential wandert je nach Situation, Reizangebot oder Aktivität hin und her. Diese Regulierung ist bei AD(H)S-Patienten weniger gut ausgeprägt. Die Bandbreite der Potentiale ist wesentlich kleiner. Die befinden sich recht mittig oder halten sich eher im positiven Bereich auf. Deshalb fällt es den Patienten so schwer, sich gezielt zu konzentrieren und mit Außenreizen gesund umzugehen. Ihr Gehirn „schaltet“ nicht effektiv genug in den „Aufnahmemodus“. Damit fehlt es an Energie zur Reizverarbeitung und Konzentration – der Patient erscheint unaufmerksam und impulsiv.
Training fürs Hirn: Neurofeedback
Die gute Nachricht: Der Aufnahmemodus lässt sich trainieren! Bei regelmäßigem Training lassen sich die Potentiale erweitern und besser „negativieren“. Einfach ist das nicht, denn diese Vorgänge im Gehirn sind eigentlich unwillkürlich und nicht bewusst zu kontrollieren. Beim Neurofeedback erlernt der Patient aber, was er tun muss, um die Potentiale in seinem Interesse zu beeinflussen. Ohne es zu merken, erlaubt er damit seinem Gehirn, sich besser zu konzentrieren und die Impulsivität zu reduzieren.
Die dafür verwendete Methode ist die positive Rückkopplung: In der Sitzung vor dem Monitor wird richtige Einflussnahme über einen Spielerfolg belohnt. Spannend ist, dass jeder Patient seinen individuellen Weg findet, um sein Gehirn in den Aufnahmemodus zu schalten oder eine Ruhephase einzuläuten. Indem Patient und Therapeut diese persönlichen Trigger erkennen, lässt sich die Methode der Konzentration und Entspannung aus dem Neurofeedback mit in den Alltag nehmen. Zusätzliche Übungen, die neben den Sitzungen zuhause durchgeführt werden, helfen dabei.