Früher als „Zappelphilipp“ abgetan, ist heute klar, dass Kinder mit Konzentrationsstörungen, Zappeligkeit und Impulsivität typische Beschwerden einer ADHS-Erkrankung haben. Die Probleme machen den Alltag zur Herausforderung: Der kleine Patient und seine Familie, aber auch Lehrer und Freunde haben damit zu kämpfen. Die medikamentöse Therapie hilft betroffenen Kindern dabei, eine erfüllte Jugend und gute Schulzeit zu erleben. Für den bestmöglichen Start ins Leben kommt meist der Goldstandard Methylphenidat in Präparaten wie Ritalin oder Medikinet zum Einsatz. Wenn die Therapie nicht anschlägt oder starke Nebenwirkungen aufweist, ist Elvanse mit dem Wirkstoff Lisdexamfetamin eine gute Alternative.
Wirkstoff Lisdexamfetamin: Was steckt dahinter?
Der Wirkstoff Lisdexamfetamin gehört zu den Weckaminen. Die Amphetamine haben eine aufweckende und aufputschende Wirkung. Sie werden deshalb schon lange als Drogen und Dopingmittel missbraucht. Infolgedessen unterliegen Produkte wie Elvanse dem Betäubungsmittelgesetz. Das bedeutet, dass der unerlaubte Handel und Besitz strafbar ist.
Seit mehr als 130 Jahren wird Amphetamin chemisch hergestellt. Lange Zeit kam es vor allem als Aufputsch- und Appetitzügler zum Einsatz. In den letzten Jahren wurde mit dem Wirkstoff Lisdexamfetamin ein Amphetamin-Derivat entwickelt, welches zur Behandlung von AD(H)S zugelassen ist. Das einzige Fertigarzneimittel mit diesem Wirkstoff ist Elvanse.
Das Arzneimittel Elvanse ist auf eine Anwendung bei Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 6 und 18 Jahren begrenzt. Es liegt aber im Ermessensspielraum des Arztes, das Produkt auch bei Erwachsenen anzuwenden, wenn Verträglichkeit und Wirksamkeit positiv zu bewerten sind. Außerdem ist zu beachten, dass Lisdexamfetamin nur zur Anwendung kommt, wenn die vorherige Behandlung mit Methylphenidat nicht erfolgreich war.
Wirkprinzip / Pharmakologie: Was passiert im Körper?
Die Reizverarbeitung im Gehirn ist in hohem Maße von Botenstoffen abhängig. Bei ADHS-Patienten sind deren Levels in bestimmten Teilen des Gehirns deutlich abgesenkt. Um die daraus folgenden Probleme bei der Verarbeitung von Reizen zu reduzieren, wird die stimulierende Wirkung des Amphetamins genutzt. Es hebt die Levels der Botenstoffe bei den ADHS-Patienten auf das normale Maß an. Bei einer richtigen Dosierung wirkt Amphetamin deshalb bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS nicht aufputschend, sondern erhöht die Aufmerksamkeitsspanne und die Konzentrationsfähigkeit, während impulsives, hyperaktives Verhalten reduziert wird.
Die Besonderheit an Lisdexamfetamin ist die langandauernde Wirkung. Der Grund liegt im Wirkstoff selber, denn er wirkt nicht direkt, sondern wird im Körper erst zum eigentlichen Wirkstoff Dexamfetamin umgewandelt. Weil das Schritt für Schritt geschieht, hat Lisdexamfetamin eine Wirkdauer von mehr als zwölf Stunden.
Anwendung: Wann und wie sollte Elvanse eingenommen werden?
Das Medikament Elvanse wird in Form von Hartkapseln verabreicht. Dank der langen Wirkdauer ist eine einmalige Gabe pro Tag ausreichend. Am besten nehmen die jungen Patienten die Hartkapsel am Morgen ein, um über den Tag hinweg die bestmögliche Wirkung zu erhalten. Ob die Einnahme mit oder völlig unabhängig vom Frühstück erfolgt, spielt für die Wirksamkeit keine Rolle.
Während einer Behandlung mit Elvanse müssen einige gesundheitliche Faktoren wie der Appetit, die Größe und das Gewicht, Puls und Blutdruck sowie Anzeichen psychischer oder motorischer Probleme regelmäßig überwacht werden. Das sollten zum einen die Patienten selbst oder die Eltern tun; zum anderen wird auch der Arzt regelmäßige Kontrollen durchführen. Wichtig sind regelmäßige Pausen von der Einnahme von Elvanse. Üblicherweise wird das Medikament während der Ferien vom Arzt abgesetzt. Das gibt dem Körper Zeit, sich zu erholen und bietet zugleich die Möglichkeit, die Notwendigkeit der weiteren Einnahme zu prüfen.
Bei einer fehlerhaften Anwendung wie zum Beispiel der Einnahme der doppelten Dosis, ist sofortige ärztliche Hilfe unerlässlich. Das Medikament kann starke, unerwünschte Wirkungen entwickeln.
Nebenwirkungen: Welche unerwünschten Wirkungen treten auf?
Hochwirksame Psychostimulanzien wie Elvanse haben oft unerwünschte Wirkungen. Viele dieser Nebenwirkungen von Elvanse sind unangenehm und belastend, aber meist ungefährlich. Einige der unerwünschten Wirkungen können jedoch einen Abbruch der Behandlung notwendig machen. In keinem Fall sollte die Einnahme jedoch selbständig abgebrochen werden.
Viele Patienten leiden unter Appetitlosigkeit und in Folge dessen unter einer verringerten Gewichts- und Größenzunahme. Vor allem bei längerer Anwendung zeigen sich diese Auswirkungen auf das Wachstum oft deutlich. Häufig kommt es außerdem zu einem unregelmäßigen Herzschlag, sogenannten Palpitationen und Herzrhythmusstörungen. Weitere Nebenwirkungen, die gelegentlich oder selten auftreten, aber schwerwiegend sein können, sind zum Beispiel
- Halluzinationen in Form von Sehen, Fühlen und Hören von Dingen, die nicht da sind
- allergische Reaktionen in allen Stufen vom Ausschlag bis hin zum anaphylaktischen Schock
- psychische Beschwerden wie übermäßige Aktivität und Erregung sowie Enthemmung
- motorische Störungen wie Schwindel und Bewegungsstörungen
- Krampfanfälle
- Hautschwellungen bis hin zur Blasenbildung
- Atemnot und Ödembildung aufgrund einer Herzmuskelerkrankung
Es gibt noch zahlreiche, weitere, zum Teil sehr häufig auftretende Nebenwirkungen wie Schlafstörungen, Kopfschmerzen oder Mundtrockenheit. Sie gelten als belastend, aber ungefährlich. Informationen dazu bietet die Packungsbeilage von Elvanse. Sollte es während der Einnahme zu körperlichen oder seelischen Beschwerden aller Art kommen, ist der Arzt der richtige Ansprechpartner, um einen möglichen Zusammenhang zu klären und die weitere Einnahme zu überdenken.
Gegenanzeigen: Wann darf man Elvanse nicht einnehmen?
Es gibt viele Vorerkrankungen und Störungen, die eine Anwendung von Elvanse unmöglich machen. Deshalb müssen Eltern den behandelnden Arzt über jede körperliche oder seelische Störung oder Erkrankung informieren:
- Allergien und Unverträglichkeiten gegenüber Arzneimitteln, Füllstoffen aber auch Lebensmitteln
- Stoffwechselkrankheiten (auch in der Familie) wie Schilddrüsenprobleme
- Vorerkrankungen der Leber, der Niere oder des Herzens
- psychische Probleme wie depressive Phasen
- erhöhter Augeninnendruck (Glaukom)
Wenn jugendliche Mädchen Elvanse einnehmen, so muss eine zuverlässige Verhütung sichergestellt werden, weil Schäden am ungeborenen Leben nicht auszuschließen sind.
Wechselwirkungen: Mit welchen Medikamenten oder Lebensmitteln verträgt sich Elvanse nicht?
Viele Arzneimittel führen bei der gleichzeitigen Einnahme mit Elvanse zu bedeutenden Wechselwirkungen. Wer Arzneimittel zur Behandlung von
- Depressionen
- Epilepsie
- Bluthochdruck
- Schmerzen
- Blutgerinnungsstörungen
einnimmt, sollte dies unbedingt dem Arzt mitteilen. Insbesondere die drei Wirkstoffe
- Apraclonidin
- Selegilin
- Tranylcypromin
dürfen nicht zeitgleich mit Lisdexamfetamin eingenommen werden. Auch mit freiverkäuflichen Arzneimitteln kann es zu Wechselwirkungen kommen. Deshalb sollte vor einer Einnahme stets der Arzt oder Apotheker konsultiert werden.
Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Amphetamin#Isomere
https://www.apotheken-umschau.de/Medikamente/Beipackzettel/Elvanse-30mg-Hartkapseln-9702407.html
https://www.adhspedia.de/wiki/Medikamente